Wie das duftet!

Unser Wohlbefinden hängt von zahlreichen Faktoren ab – Düfte tragen elementar dazu bei. Die direkten Gefühle, die Gerüche bei uns auslösen, können Menschen nicht steuern – aber sie können mit Düften gezielt ihr Wohlbefinden steuern.

In den vergangenen Jahren haben Menschen pandemiebedingt weltweit den Verlust ihres Geruchssinns erlebt, was häufig mit dem Verlust des Geschmackssinns einherging. Glücklicherweise erlangten die meisten Menschen beides nach einigen Wochen zurück, weil das Coronavirus lediglich unterstützende Zellen angreift und nicht die Neuronen zur Sinneswahrnehmung an sich. Allerdings geht man von aktuell zehn bis fünfzehn Prozent der Betroffenen aus, die eine längerfristige Anosmie erleben, wie der völlige Verlust des Riechvermögens medizinisch heißt. Diejenigen, die einen temporären oder anhaltenden Verlust erleiden, schätzen den Geruchssinn umso mehr. Denn auf einmal wird ihnen bewusst, wie bedeutsam er für das Erleben von Genuss und Emotionen ist, welche Bedeutung er sogar für das Fundament unserer Identität hat. Warum ist der Geruchssinn so wichtig? Dr. Sandeep Robert Datta, Professor für Neurobiologie an der Harvard Medical School, beschreibt in der Zeitung „Welt“ das olfaktorische System als „primär und urweltlich“. Er spricht davon, dass es der einzige Sinn mit einer direkten Verbindung zum limbischen System ist, jenem Teil des Gehirns, in dem die absoluten Kernemotionen verarbeitet werden – oft auch als Reptilienhirn oder ganz wörtlich „Nasenhirn“ bezeichnet. Der Geruchssinn führt Neugeborene direkt nach der Geburt zu ihrer Mutter. Die Unwillkürlichkeit, mit der wir Gerüche wahrnehmen, gibt uns ein Gefühl des Unterworfenseins, das Riechen fühlt sich nicht an wie eine Fähigkeit, es passiert einfach. Gerüche passieren uns. Sie beeinflussen unsere Partnerwahl, spielen für das sexuelle Begehren eine zentrale Rolle und warnen uns vor Gefahren, wie etwa Rauch oder Feuer, lassen Lust beim Essen entstehen und sind Teil unserer Vita: Gerüche evozieren Bilder und Erinnerungen aus unserer Kindheit, an schöne, aber auch schmerzhafte Erfahrungen. Der Geruchssinn ist etwas sehr Wertvolles, dessen Botschaften man annehmen kann oder nicht. Man kann ihn nicht trainieren, aber man kann mehr auf ihn hören und sensibler dafür werden. Umgekehrt kann man mit ausgewählten Düften gezielt sein eigenes Wohlbefinden steigern, wenn man herausfindet, welche Art von Düften einem guttut.

Duft als Stimulans 

Das beginnt in der Regel bereits bei der einfachen Übung des Parfüm-Auftragens am Abend. Wer ausgeht, möchten sich womöglich begehrenswert fühlen und dies der Umwelt, aber auch sich selbst durch die Auswahl eines womöglich sinnlichen Parfüms signalisieren. Sie werden diese Beobachtung sicherlich an sich selbst bereits gemacht haben: Das Parfüm ist ein Signal nach außen wie auch nach innen. Und jeder kennt das Gefühl, wenn man an sich selbst riecht und sich wohl dabei fühlt. Die amerikanische Autorin Leslie Jamison, die ihren Geruchs- und Geschmackssinns durch COVID-19 temporär verloren hatte, beschrieb diese schmerzhafte Erfahrung so: „Die bloße Gegenwart von Clementinen, Plätzchenteig und Erdnussbutter, Lilien und Spülmittel mit dem Duft grüner Äpfel schmerzte mich, ja selbst Gerüche, die ich nie besonders gemocht hatte, wie Naturjoghurt, Glasreiniger oder der Gestank schmutziger Windeln, führten mir den Verlust meiner Sinne geradezu höhnisch vor Augen, denn auch sie verkörperten das Leben, mein Sein in dieser Welt.“ Und sie schreibt weiter in ihrem in deutscher Übersetzung in der „Welt“ veröffentlichten Beitrag: „Wenn ich aus dieser Verlusterfahrung etwas mitgenommen habe, dann sind es Sehnsüchte und Erinnerungen, ein Archiv der vermissten Düfte: Die hefige Duftwolke, die das frischgebackene Brot meiner Mutter umgab, und die klebrige Süße des Honigs, mit dem ich seinen Knust getränkt hatte; der Rauch von Nelkenzigaretten in der kühlen Herbstluft auf einer Veranda in Iowa, geraucht aus reiner Schüchternheit, um dem Smalltalk mit meinen Mitstudenten zu entgehen; der berauschende Duft von Benzin, der den Erwerb meines Führerscheins umgab; oder, Jahrzehnte später, jene aquatischen Duftschwaden aus den Belüftungsschächten eines unter der Straße gelegenen Schwimmbades in Brooklyn. Selbst an den trostlosesten Wintertagen hatten die unerwarteten Schwaden mich auf dem morgendlichen Weg zur Arbeit stets an die Existenz eines Sommers erinnert.“ Glücklicherweise kehrten die ersten Geruchserlebnisse bei Leslie Jamison bereits nach zwei Wochen zurück. Nach knapp fünf Monaten war ihr Geruchssinn fast vollständig wiederhergestellt, wie sie schreibt. Das Faszinierende an diesen Duftbildern ist eben, dass sie einfach passieren. Auf einmal ist das Bild da, die Begegnung mit einem Duft hat es spontan ausgelöst.

So entstehen „Geruchserinnerungen“ an zu Hause, an Großeltern, an Städte, in denen man einmal gelebt hat. Und dann kommt man später genau in diese Stadt zurück, steht am Metrogleis und denkt: „Diese Stadt riecht noch genau wie vor 20 Jahren!“ Das Nasenhirn hat den Geruch und die damit verbundenen Gefühle nämlich für alle Ewigkeit abgespeichert. Man leckt Himbeerbrause aus der Hand aus einer dieser bunten Tüten und hat nicht nur den Geschmack der Kindheit im Freibad wieder im Sinn, sondern auch alles, was sich drum herum abgespielt hat: Sprünge vom Dreimeterturm ins Wasser, flirrendes Licht, den Geruch von gechlortem Schwimmbadwasser, Gelächter und vielleicht das erste ungelenke Flirten in nassen Badeklamotten. Funktioniert garantiert sogar im Winter. Dem Nasenhirn ist die Welt außen herum egal. Es zählt allein der Stimulus.

Wohlbefinden steuern

Diese Reize lassen sich auch bewusst setzen. Menschen sind dem Nasenhirn zwar defensiv ausgeliefert, können es aber auch gezielt stimulieren. Indem man an Plätze geht, die für einen selbst gut riechen, Parfüm auflegt oder beispielsweise Räume bedampft. Ein Duft lässt sich schwer festhalten; was sich allerdings festhalten lässt, sind ätherische Öle, die in Duft- und Heilpflanzen enthalten sind und für den Duft einer Pflanze verantwortlich sind. Im intensiv duftenden ätherischen Öl ist die hoch konzentrierte Lebenskraft der Pflanze gebündelt. Es kann in Wasser gut gebunden werden und beispielsweise zur Raumbeduftung oder als Körperöl eingesetzt werden. Manche Öle können die Konzentration fördern oder die Sinne aktivieren, andere sorgen für Entspannung und erholsamen Schlaf. Viele Menschen kennen ätherische Öle aus dem Spa- oder Wellnessbereich. In der Sauna sorgt der Aufguss am Ende für ein besonders duftendes Erlebnis. Im privaten Wohnumfeld können Düfte über Duftlampen verbreitet werden. Wichtig bei der natürlichen Raumbeduftung ist, auf die Natürlichkeit und Reinheit der ätherischen Öle zu achten, da synthetische Duftöle Reaktionen wie Kopfweh oder Allergien auslösen können. Der Kauf einer Duftlampe ist ein vergleichsweise kleiner Schritt – nun geht es darum, den Duft oder die Düfte zu erkennen, die einem guttun. Ist es der warme Duft eines Orangenöls, von dem man sagt, dass er die Stimmung hebt und gleichzeitig entspannend und ausgleichend wirkt? Oder bevorzugen Sie vielleicht gerade im Winter Vanille, ein Duft, der ebenfalls Wärme, aber auch das Gefühl von Geborgenheit erzeugt? Besonders intensiv ist Neroli, dessen Duft viele als beruhigend empfinden. Es hat angeblich sogar antidepressive Wirkung. Ihr Nasenhirn wird Ihnen die Antwort liefern. Und wenn da ein paar mehr Bilder in Ihnen hochkommen, dann ist das ganz normal. Sie können es nicht beeinflussen.

mf //

Die Eigenschaften natürlicher Düfte

Rose: Vitalisierend und harmonisierend. Der süße Duft der Rose belebt Körper und Geist, unterstützt bei depressiven Verstimmungen und kann Schlafstörungen lindern.

Lavendel: Entspannend und schlaffördernd. Lavendelduft stärkt zudem bei Stress und unterstützt die innere Ruhe. Auch bei Kopfschmerzen schmerzlindernd.

Nelke: Vitalisierend und aphrodisierend. Der Duft von Nelken regt den Geist an und stärkt die Konzentration. Zudem fördert er das Selbstvertrauen und kann Schüchternheit lösen.

Pfefferminze: Belebend und anregend. Fördert die Konzentration und kann Kopfschmerzen lindern. Bergamotte: Beruhigend und ausgleichend. Löst Anspannung und Angst, wirkt stimmungsaufhellend. Zitrus: Motivierend und anregend. Kaum ein Duft erinnert so sehr an Sommer wie der von Zitrusfrüchten. Im Winter lässt sich dies prima zur Anregung von Körper und Geist nutzen. Schenkt frische Energie.

Vanille: Beruhigend und stimmungsaufhellend. Der Duft von Vanille kann bei Angstzuständen und depressiven Zuständen helfen. Viele Menschen erinnert er an die Weihnachtszeit, die mit positiven Erinnerungen verbunden ist

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

zwölf + acht =