âAll you need is loveâ â das sangen die Beatles nicht ohne Grund. Wohl jeder sehnt sich nach einer langjĂ€hrigen und gluÌcklichen Liebesbeziehung. Doch gibt es ein Rezept fuÌr ewige Liebe? medpex hat mit Deutschlands erfolgreichstem Paarberater-Paar gesprochen und zwei langjĂ€hrig gluÌckliche Paare nach ihrem Geheimnis gefragt.Â
Es ist ein Moment, der schon stabile Beziehungen ins Wanken gebracht hat. Diese zĂ€hen Minuten, nachdem man die Bestellung im Restaurant aufgegeben, sich im Raum umgesehen und die Einrichtung kommentiert hat. Dann sitzt man da und wartet. Und die Stille zwischen sich und dem Partner wird irgendwie immer lauter. Jeder kennt wohl im Kontrast dazu den funkenspruÌhenden Beginn einer Liebesbeziehung. Jeder Blick zaubert ein LĂ€cheln ins Gesicht, jedes GesprĂ€ch ist aufregend, jede BeruÌhrung magisch. Und jetzt, nachdem man jahrelang zusammen ist, den Alltag miteinander teilt und den anderen gefuÌhlt in- und auswendig kennt? Hat man sich eigentlich noch etwas zu sagen? Ist die Beziehung eingeschlafen? Und die wohl kritischste Frage: Ist das noch Liebe?
Bei Jasmin und Max Zibis wirkt es nicht so, als hĂ€tten sie diesen Moment schon mal erlebt. Obwohl die 29- und der 30-JĂ€hrige seit 13 Jahren ein Paar sind, sieht es so aus, als ginge ihnen nie der GesprĂ€chsstoff aus. âDas Wichtigste in unserer Beziehung ist Kommunikationâ, sagt Jasmin. Max stimmt ihr zu. Dabei gehe es um Positives wie Negatives. Und oft genug um Meinungsverschiedenheiten. âEs ist ja auch wertschöpfend, wenn einer anderer Meinung istâ, sagt er. Sie nennt das âpositive Reibungâ. âWir sind schon sehr unterschiedlichâ, erklĂ€rt Jasmin. Sie perfektionistisch, immer regelkonform â er impulsiv, manchmal provokativ. Wichtig ist aber fuÌr beide, dass sie sich in den grundlegenden Dingen des Lebens einig sind. âWertvorstellungen, Politik, Religion, was wir unserem Kind beibringenâ, fassen beide zusammen. âDas sorgt fuÌr eine Balance.â
Und doch prĂ€gt Unterschiedlichkeit ihre erste Begegnung. Jasmin beobachtete den damals 17-jĂ€hrigen Max auf einer Tanzschulparty. Er tanzte ausgelassen, sie war von seinem Selbstbewusstsein beeindruckt. âEr hatte einen bunten Irokesen-Haarschnitt und ich saĂ mit braunem Rollkragenpulli und Sprite an der Bar. Ich war der Inbegriff eines MauerbluÌmchens und wir hatten auf den ersten Blick nichts gemeinsam.â Angesprochen hat sie ihn damals nicht. DafuÌr fehlte ihr der Mut. Erst spĂ€ter lernten sie sich besser kennen. âIch habe mich schnell in ihn verknallt. Bei ihm war es keine Liebe auf den ersten Blick.â Doch irgendwann kuÌsste er sie auf dem Nachhauseweg. âAb dem Tag waren wir zusammen.â
Eine Jugendliebe, die hÀlt
Damals war sie gerade mal 15, er rund zwei Jahre Ă€lter. Ein Alter, in dem kaum eine Beziehung auf Dauer angelegt ist. Und doch sind die beiden heute verheiratet, Eltern eines anderthalbjĂ€hrigen Sohnes, haben ein Haus gekauft und sagen von sich, dass sie nach wie vor verliebt sind. Wie schafft man das? âDie Liebe uÌber so viele Jahre am Leben zu erhalten, ist Arbeitâ, sagt Max. âEs gibt vielleicht nicht mehr die romantischen Exzesse wie am Anfang. Aber wir uÌberlegen uns, wie wir dem anderen etwas Gutes tun können. Ihm Arbeit abnehmen oder kleine Freuden bereiten. Wir haben uns immer super gestuÌtzt und gestĂ€rkt. Aber wir lassen uns auch FreirĂ€ume.â FuÌr Jasmin spielt auch das Schicksal eine groĂe Rolle: âIch glaube, dass wir fuÌreinander bestimmt sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand anderes so zu mir passen könnte.â FuÌr beide ist klar: Sie haben den Richtigen gefunden.
Dieses Topf-und-Deckel-GefuÌhl mit einem langjĂ€hrigen Partner teilen heute jedoch nicht mehr viele Menschen. Die Möglichkeiten, immer wieder neue Partner zu finden, sind vielfĂ€ltiger und einfacher geworden. Ăber Datingportale lĂ€sst sich der Traumpartner per Auswahlkriterien finden. Und uÌber die weltweite Vernetzung ist man auch nicht mehr auf die Tanzpartys in der eigenen Stadt angewiesen. Aber diese Suche nach dem perfekten Partner ist truÌgerisch, erklĂ€ren Eva-Maria und Wolfram Zurhorst. Das bekannte Paarberater-Paar aus dem nordrhein-westfĂ€lischen Wachtberg plĂ€diert dafuÌr, lieber erst einmal an sich selbst zu arbeiten, statt bei Problemen den nĂ€chsten vermeintlich idealen Menschen fuÌr die Beziehung zu suchen, der nur dafuÌr da ist, die eigenen UnzulĂ€nglichkeiten auszugleichen. Ihr Buch âLiebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratestâ gilt als Deutschlands erfolgreichster Beziehungsratgeber. Und ist ein klares Gegenmodell zum oft als gruselig empfundenen Prinzip der âLebensabschnittspartnerschaftâ. âDer gröĂte Job in der Beziehung ist die Selbstliebeâ, sagt Eva-Maria Zurhorst. âInsbesondere als Eltern oder im Job verlieren viele Menschen den Fokus auf ihre eigenen BeduÌrfnisse.â Doch ohne diese zu beruÌcksichtigen, kann keine gluÌckliche Beziehung funktionieren. Denn die Unzufriedenheit wird oft auf den Partner projiziert. âWenn ich ehrlich zu mir selbst bin, mir das gönne und auch kommuniziere, was ich brauche, werde ich gluÌcklich und attraktiverâ, sagt Wolfram Zurhorst.
Liebe erfordert Arbeit und emotionalen Muskelkater
Das klingt zunĂ€chst einfach. Ist aber fuÌr die meisten nicht leicht umsetzbar. âDas ist, als wuÌrde ich jahrelang faul auf der Couch liegen und auf einmal wieder mit dem Joggen anfangenâ, beschreibt die 58-jĂ€hrige Paarberaterin. Denn alle wollten sich am liebsten einkuscheln und den âemotionalen Muskelkaterâ, wie das Paar die Beziehungsarbeit nennt, umgehen. Dadurch spielen sich jedoch sowohl Routinen als auch unbewusste Programme ein, die man gewissermaĂen auf der psychischen Festplatte mit sich herumtrĂ€gt. Und das ist laut dem Therapeutenpaar Gift fuÌr die Beziehung. âMan muss immer wach bleiben und bereit sein, sich weiterzuentwickelnâ, sagt Wolfram Zurhorst. Stattdessen fluÌchten jedoch viele Menschen in eine AffĂ€re, weil sie dort etwas suchen, was sie in der Beziehung nicht leben. Oder weil sie das GefuÌhl des Verliebtseins mit Liebe verwechseln. Diese Erfahrung haben auch er und seine Frau gemacht. Kurz nach der Geburt ihrer ersten Tochter stand die Ehe vor dem Aus: Er war fremdgegangen, sie wollte sich scheiden lassen. Doch beide erkannten das Potenzial dieser Krise. Und sind heute seit 25 Jahren verheiratet. âEine AffĂ€re ist eine groĂe Chance, die eingeschlafene Beziehung zu verbessern. Denn meist geht es nicht um die dritte Person.â Beide Partner muÌssen sich stattdessen fragen: Was haben sie verdrĂ€ngt? Der Fremdgeher, was er vermisste, und der Betrogene, inwiefern er sich selbst betrogen hat. âDann geht die Arbeit losâ, sagt die Psychologin. âSie muÌssen sich öffnen, dem anderen sagen, was
Sie wollen und wovor Sie Angst haben.â
Trennung war fuÌr BĂ€rbel und Alfred Iwanowitsch nie ein Thema. Die 78-JĂ€hrige und der 86-JĂ€hrige sind bereits seit 57 Jahren verheiratet. In drei Jahren feiern sie diamantene Hochzeit. âEs gibt kein Rezept fuÌr die ewige Liebeâ, sagt BĂ€rbel. âAber es ist ganz wichtig, sich zu unterstuÌtzen und gegenseitig Freiraum zu lassen.â Sie ist das EnergiebuÌndel in der Beziehung, er der BedĂ€chtige. Das fuÌhrt auch oft zu Streit, aber letztlich geht es dabei um Kleinigkeiten. âWir waren gerade acht Wochen verheiratet, da hat er sich aufgeregt, dass ich die Zahnpastatube nicht zudreheâ, erzĂ€hlt BĂ€rbel. Ein Klassiker. Doch diese Reibereien kommentiert das Paar heute mit einem Schmunzeln. âMan muss uÌber sich selbst lachen können und nicht immer alles so ernst nehmenâ, ist sie uÌberzeugt. Er nickt. âEs ist wichtig, dass man lernt, die UnzulĂ€nglichkeiten des anderen zu ertragen und ein Level zu finden, sodass man sich gegenseitig ergĂ€nzt.â
Das ist dem Rentnerpaar gelungen. Auf die Frage, was sie am meisten am anderen schĂ€tzen, nennt er ihre Energie â sie seine Ruhe. Von diesen GegensĂ€tzen profitieren die beiden auch in ihrer Freizeit. Sie hat das Talent, viele Kontakte zu pflegen, lĂ€dt gern Besuch ein, war privat wie beruflich immer engagiert, seit die drei Kinder aus dem Haus sind. Umgekehrt stĂ€rkte sie ihm den RuÌcken, als er als Lehrer, Schulrektor und zusĂ€tzlich uÌber 20 Jahre kommunalpolitisch tĂ€tig war. âWir haben das Engagement des anderen immer mitgetragen und uns gegenseitig unterstuÌtztâ, sagt sie. Anders wĂ€ren solche schweren Zeiten nicht zu bewĂ€ltigen gewesen. âUnd so hatten wir uns auch immer was zu erzĂ€hlen.â
Neue Partner machen nicht glĂŒcklicher
Zu einer gluÌcklichen Beziehung gehören aber auch Kompromisse, sind die beiden uÌberzeugt. Als sie sich auf der Arbeit bei einem Instrumentenbauer kennenlernen, ist sie 15 und startet ihre Lehre, er ist acht Jahre Ă€lter und hat eine Gehbehinderung wegen einer Beinamputation. Drei Jahre dauert es, bis er fragt, ob er sie nach Hause begleiten darf. Von da an verbringen sie jeden Sonntag gemeinsam, unterhalten sich stundenlang. Ihre Leidenschaft fuÌrs Tanzen gibt sie auf. Auch Wandern und Wintersport ist nie möglich fuÌr die beiden. Stattdessen erfuÌllen sie sich seinen Traum, segeln zu gehen. Und fahren als Dauercamper seit Jahren regelmĂ€Ăig an die Ostsee.
Buchtipp
âLiebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratestâ von Eva-Maria Zurhorst, Goldmann Verlag, MuÌnchen 2009, ISBN 978-3-442-21903-2, 9,99 Euro.
âHeutzutage gehen die Leute zu schnell auseinanderâ, findet BĂ€rbel. âKein Mensch schafft es, den eigenen Vorstellungen komplett zu genuÌgen. Es ist Arbeit, sich anzunehmen, wie man ist.â Das ist fuÌr sie die Methode, die gluÌcklicher macht, als sich aus Unzufriedenheit immer wieder neue Partner zu suchen. âMit denen hat man doch schlieĂlich die gleichen Probleme.â
Eine Meinung, die auch das Therapeutenpaar Zurhorst teilt: Probleme muÌssen angepackt werden. UnerlĂ€sslich dafuÌr: Zeit zu zweit. Denn Job, Kinder und Verabredungen mit Bekannten helfen beim Beziehungskiller Nummer eins â der VerdrĂ€ngung. Und die funktioniert auch, wenn ein Paar im Restaurant sitzt, das Essen bestellt ist, und die Stille zwischen beiden immer lauter wird. Daran sollte man nicht verzagen, die Situation aber auch nicht verleugnen. âWenn Sie gemeinsam am Tisch sitzen und offen zueinander sagen: ,Merkste, wir haben uns nichts zu sagenâ, dann schaffen Sie NĂ€he. Die ist zwar nicht angenehm, aber nur so können Sie etwas verĂ€ndernâ, sagt Eva-Maria Zurhorst. âAlles andere ist so, als wuÌrden Sie aus Angst vor Krankheiten nicht zum Arzt gehen â selbst wenn Sie sich nicht gut fuÌhlen.â rf //
5 Tipps fuÌr die tĂ€gliche Beziehungspflege
Nehmen Sie sich Zeit
Auch wenn es im hektischen Alltag schwerfallen kann: Schaffen Sie sich Inseln fuÌr Zeit zu zweit. Nur so können Sie wirklich IntimitĂ€t teilen. Dabei gilt: Weg mit dem Smartphone! Die Aufmerksamkeit sollte beieinander liegen.
Behandeln Sie sich freundlich und respektvoll
Gerade langjĂ€hrige Partner tauschen Sticheleien auch gern mal im Beisein anderer aus. Das kann zu Frust und Aggressionen fuÌhren. Seien Sie freundlich und respektvoll, hören Sie Ihrem Partner zu und achten Sie seine BeduÌrfnisse.
Schaffen Sie eine Balance zwischen Freiraum und Gemeinsamkeiten
Jedes Paar braucht gemeinsame Unternehmungen und schöne Erinnerungen, die man gerne teilt. Trotzdem sollten Sie nicht bei allem aus SolidaritÀt mitmachen, wenn Sie keine Lust darauf haben. Dann haben Sie sich im Anschluss auch wieder mehr zu erzÀhlen.
Nehmen Sie die Dinge mit Humor
Humor gehört zu jeder guten Beziehung. Gerade lĂ€stigen Gewohnheiten des anderen sollte man mit einem LĂ€cheln begegnen, statt sich daruÌber schwarz zu Ă€rgern. Wenn es jedoch einen ernsten Konflikt gibt, packen Sie ihn auch ernsthaft an.
Tauschen Sie ZĂ€rtlichkeiten aus
Sei es körperlich oder verbal: KuÌsse und BeruÌhrungen schaffen genauso NĂ€he wie ein paar freundliche Worte und ein liebevoller Blick. Testen Sie einfach mal aus, wie es ist, wenn Sie Ihrem Partner den BegruÌĂungskuss nicht völlig beilĂ€ufig geben. Es wirkt
wahre Wunder!