Stricken – der Trend aus dem Nähkästchen

Stricken

Nicht mehr nur für Omas: Stricken, Nähen und Häkeln liegen definitiv im Trend. Weg ist der einst verstaubte Ruf des Handarbeitens – die Farben sind bunter, die Wolle hochwertiger und die selbst gemachten Stücke kreativer denn je. In Zeiten von DIY-Blogs und Online-Marktplätzen wie Etsy wird die Strick-Community beständig größer. Unsere Autorin hat selbst die Nadeln geschwungen. 

Früher war Stricken ein Hobby der Großmütter, und zwar meistens, um für warme Füße bei den Enkeln zu sorgen. Später, in den frühen 1980er-Jahren, wurde es zum politischen Akt, indem die Friedensbewegung Handarbeit zum friedlichen Protest nutzte. Und heute? Stricken kann vieles sein – Phänomen, Modeerscheinung oder meditative Beschäftigungstherapie im schnelllebigen Alltag. Heute haben Blogger und Promis das Stricken zu einem wichtigen Bestandteil der DIY-Bewegung erhoben. Nicht nur Online-Videos oder Volkshochschulen zeigen den richtigen Umgang mit den langen Nadeln, auch in Wollgeschäften und Strick-Clubs kann man stricken lernen. So wird Handarbeit zum gesellschaftlichen Event – man strickt, redet und inspiriert sich gegenseitig.

Stricken als Lifestyle

Lange war Stricken, oder besser gesagt die gesamte Handarbeit, zumindest in emanzipierten Kreisen kein nennenswertes Thema. Mittlerweile haben es jedoch genau diese jungen, coolen Feministinnen für sich entdeckt und befreien das Handwerk von Gender-Klischees. Jetzt heißt es eben „Crafting“, „Knitting Lounges“ oder „Urban Knitting“. Als eine der Ersten hat die spanische Online-Marke We are Knitters auf diesen Trend reagiert und stylishe Stricksets in modernem Design auf den Markt gebracht, mit denen man alle Utensilien gleich an die Hand bekommt. Diese sind besonders für Anfänger wie mich prima geeignet und bieten detaillierte Anleitungen für das jeweilige Projekt. Um dem Trend auf die Spur zu kommen, habe ich mich entschieden, die Nadeln selbst klappern zu lassen.

Aller Anfang ist schwer

Da meine letzte und auch einzige Handarbeitsstunde in der Grundschule stattfand, habe ich mir ein einfaches Projekt vorgenommen – ein Schal soll es werden, passend für die kalten Wintertage. Durch die Videos und Strickpakete auf www.wool-andthegang.com/how-to/knit/how-to-knit-a-scarf – einer weiteren anfängerfreundlichen Rundum-Service-Website – lassen sich das theoretische Wissen und das benötigte Material einfach beschaffen. Die Videos erklären jeden einzelnen Schritt, von der ersten Masche bis zum Vernähen des letzten Fadens. Der Anfang und das Ende eines selbst gestrickten Schals sind dabei die schwierigsten Stellen. Alles andere dazwischen sind eigentlich nur einfache rechte Maschen, die nach den ersten Reihen leicht und sogar immer schneller von der Hand gehen. Nachdem ich gut die Hälfte des Schals gestrickt habe, verfalle ich in einen Rhythmus aus immer gleichen Bewegungen und Abläufen. Langsam fühle ich mich sicher und linse kurz zum laufenden Fernseher – und siehe da, sogar die „blind“ gestrickten Maschen sind gelungen!

Übung macht tatsächlich den Meister

Es hat eindeutig etwas Meditatives, zu beobachten, wie das eigene Projekt Masche um Masche, Reihe um Reihe wächst. Ich sehe den Fortschritt, die bisherige Leistung und das, was ich noch schaffen muss. Am Ende ist es ein sehr befriedigendes Gefühl, das Ergebnis meiner Arbeit in den Händen zu halten. Mir gefällt besonders, dass ich etwas hergestellt habe, was ich wirklich gebrauchen kann. Frieren werde ich diesen Winter jedenfalls nicht! as //

Handarbeit als Bereicherung

Auslöser für den Wunsch nach kreativer Handarbeit kann die Einseitigkeit des Arbeitsalltags sein oder der Wille, etwas Eigenes hervorzubringen. Beim Stricken geht es darum, selbst etwas zu erschaffen und zu vollenden. In Zeiten des steigenden Konsums ist es eine besondere Erfahrung, etwas mit den eigenen Händen produziert zu haben. Perfekt muss das Werk nicht sein – Selbstgemachtes ist einzigartig und individuell, so wie auch der Mensch dahinter wahrgenommen werden möchte. In einem eigenen Projekt können wir Erfüllung finden, unsere Freizeit nach unseren Wünschen gestalten und Stress abbauen. Entschleunigung ist dabei das richtige Stichwort, denn beim Stricken muss man sich von „eben mal schnell“ verabschieden. Der Freizeitkult braucht Zeit und Geduld.

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