Wertvolle Umarmung

Berührungen schützen vor Krankheiten, erhöhen die Lebenserwartung und stärken den sozialen Zusammenhalt. Über die Kraft der Nähe zu anderen Menschen.

Für eine kurze Sekunde blicken wir uns an, müssen lachen und schon spüre ich beide Hände von Vera auf meinem Rücken. Ich umarme sie zurück, drücke sie leicht, immer noch mit etwas Vorsicht, die sich seit der Corona-Pandemie eingeschlichen hat. Dennoch stellt sich bei mir sofort ein Gefühl von Wärme und Vertrautheit ein. Vera und ich kennen uns noch gar nicht so lange, seit einigen Monaten verabreden sich unsere Kinder regelmäßig. Die Berührung zur Begrüßung ist nicht nur Ausdruck einer größeren Vertrautheit, sie schafft sie auch.

In der Pandemie habe ich wie viele in meinem Bekanntenkreis gespürt, wie sehr uns der physische Kontakt zu anderen fehlt, wenn wir ihn aufgrund von Vorsichtsmaßnahmen nur eingeschränkt haben können. Kein Wunder, denn körperliche Nähe zu anderen Lebewesen ist von Geburt an genauso wichtig für eine gesunde Entwicklung wie etwa Nahrung. Der Tastsinn ist in den ersten Lebenswochen am weitesten entwickelt. Über die Haut spürt der menschliche Körper nicht nur Berührungen, sondern nimmt dazu auch Emotionen wahr: Ist der Kontakt angenehm? Oder eher nicht? Sanfte und langsame Streichelbewegungen empfinden Menschen als wohltuend. Auf sie reagiert der Körper, indem er im Gehirn das Glückshormon Oxytocin ausschüttet und auf diese Weise entspannt. Zugleich stärkt Oxytocin das Immunsystem. Bei kleinen Kindern hat der Körperkontakt großen Einfluss auf das Wachstum. Wie Studien gezeigt haben, nehmen Frühgeborene schneller an Gewicht zu, wenn sie eine Berührungstherapie erhalten. Auch im Erwachsenenalter können spezielle Therapien und Massagen bei verschiedenen Erkrankungen wie etwa Krebs Ängste abbauen und Schmerzen lindern. Regelmäßige Berührungen können generell positive Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System haben, so senken sie etwa den Blutdruck. Neben körperlichen Effekten haben Berührungen auch eine soziale Wirkung. Studien mit US-amerikanischen Basketballteams haben ergeben, dass Umarmungen und Schulterklopfen der Spieler den Zusammenhalt und das Vertrauen im Team stärken. Schon eine Umarmung für nur eine Sekunde übermittelt laut Forschung das Gefühl von Dankbarkeit und Zuneigung. So können Berührungen auch die Dynamik und den Zusammenhalt in gesellschaftlichen Gruppen stärken. Sie sind somit nicht nur Zeichen von Vertrautheit, sondern können sie auch aktiv herstellen.

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So gönnen Sie sich mehr Nähe
• Kopfmassage: Meistens gönnt man sich den Besuch beim Friseur, wenn die Haare einen Nach- oder Neuschnitt benötigen. Wie wäre es zwischendurch mit einem Extratermin für eine Kopfmassage? Viele Friseure bieten diese an.
• Begrüßung: Auch wenn es ungewohnt sein mag, umarmen Sie gute Bekannte, Freunde und Verwandte zur Begrüßung oder legen Sie ihnen kurz die Hand auf den Oberarm oder die Schulter. Selbst die kurze Faust-an-Faust-Begrüßung, die sich während Corona etabliert hat, schafft ein kleines bisschen Nähe.
• Tiere streicheln: Wer selbst kein Haustier besitzt, kann häufiger einen Zoo in der Nähe besuchen, dort gibt es meistens auch ein Streichelzoo-Gehege. Oder fragen Sie einen sympathischen Hundebesitzer in Ihrer Nachbarschaft, ob Sie das Tier vielleicht ab und zu Gassi führen dürfen.

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