Das Frauenherz schlägt anders

Warum Frauen besonders auf ihr Herz achten sollten

Das weibliche Herz unterscheidet sich nicht nur organisch von Männerherzen, es ist auch anderen Einflüssen ausgesetzt, etwa in Schwangerschaften oder den Wechseljahren. Umso wichtiger ist es, das Frauenherz besonders zu schützen.

Da wäre der fiese Spruch der Kollegin oder das morgendliche Gemecker des Partners. Da wären die Kinder, die lieben Geschwister oder die schlecht gelaunten Mitmenschen. Ganz zu schweigen von der Dauerbelastung, der viele Frauen ausgesetzt sind, wenn sie Beruf, Familie oder Pflege vereinbaren: Der Alltag löst häufig Stress in uns aus, selbstverständlich auch bei Männern. Aber die nehmen ihn sich in der Regel nicht so sehr zu Herzen wie Frauen.

STRESS BEGÜNSTIGT BROKEN-HEART-SYNDROM

Was nach Klischee klingt, ist mittlerweile wissenschaftlich erwiesen. „Seelische Einflüsse wirken auf das Frauenherz tendenziell stärker als auf Männerherzen“, sagt die Ärztin und Medizinjournalistin Suzann Kirschner-Brouns (siehe Interview). Mit schwerwiegenden Folgen: Das Risiko eines Herzinfarkts aufgrund von Stress steigt deutlich an, wie die sogenannte Interheart-Studie bereits vor etwa 20 Jahren gezeigt hat. Im Extremfall kann Stress eine potenziell lebensbedrohliche Störung des Herzens auslösen, das sogenannte Takotsubo- oder Broken-Heart-Syndrom. Etwa 85 Prozent der Betroffenen sind Frauen. Aber auch organische Unterschiede können bei Frauen das Risiko erhöhen, ein Herzleiden zu entwickeln. So sind Frauenherzen etwa kleiner und steifer als Männerherzen. Dies kann eine besondere Form der Herzschwäche begünstigen, die diastolische Herzinsuffizienz. Dabei pumpt das Herz zwar nach wie vor kräftig, kann sich aber aufgrund der Steifigkeit nicht mehr ausreichend mit Blut füllen und dieses nicht mehr mit genügend Sauerstoff sowie Nährstoffen anreichern.

GESCHLECHTSHORMONE SCHÜTZEN DAS HERZ

Hinzu kommt der Einfluss von Hormonen auf die weibliche Herzgesundheit. Bis zu den Wechseljahren schützen die weiblichen Geschlechtshormone, die Östrogene, das Herz, indem sie Ablagerungen in den Gefäßen vorbeugen. Sie wirken entzündungshemmend und erweitern die Blutgefäße. Dies schützt auch vor Bluthochdruck. Nach der Menopause steigt das Risiko bei Frauen für einen Herzinfarkt. Dieser zählt bei Frauen zu den häufigsten Todesursachen, in Deutschland sterben jedes Jahr etwa 20.000 an einem Herzinfarkt. Die Behandlung von Herzkrankheiten bei Frauen unterscheidet sich meist nicht von der bei Männern. Dabei ist erwiesen, dass bestimmte Medikamente bei Frauen anders wirken als bei Männern, so reicht beispielsweise eine niedrigere Dosierung von Betablockern bei ihnen oft aus.

FORSCHUNG LEGT GRÖSSEREN FOKUS AUF FRAUEN

Dass das weibliche Herz und seine Gesundheit weniger gut erforscht sind als das Männerherz, liegt laut Suzann Kirschner-Brouns an der Forschungspraxis. „Über viele Jahrzehnte wurden Studien nur an gesunden, jungen Männern durchgeführt, weil man ungeborenes Leben schützen wollte und potenzielle schädliche Nebenwirkungen des Medikaments oder der Therapie auf den Embryo nicht voraussagen konnte.“ Daher lägen bis heute zu vielen Themen vorwiegend Daten von männlichen Probanden vor, sie machten etwa 75 Prozent aus. Erst seit ungefähr 25 Jahren konzentriert sich die Medizinforschung auf genderspezifische Unterschiede. „Heute legt man einen immer größeren Fokus auf das weibliche Geschlecht“, erklärt Kirschner-Brouns. Aber auch Frauen selbst können viel dazu beitragen, ihr Herz zu schützen. So werden schon vor der Menopause regelmäßige Bewegung, eine gesunde Ernährung, der Verzicht auf Zigaretten und möglichst wenig Stress ärztlich empfohlen.


»FRAUEN SOLLTEN UNBEDINGT AUF IHR HERZ HÖREN«

Interview mit der Ärztin, Medizinjournalistin und Autorin und Dr. med. Suzann Kirschner-Brouns:

Warum reagiert das Frauenherz stärker auf Emotionen, gibt es dafür eine medizinische Erklärung?

Seelische Einflüsse wirken auf das Frauenherz tendenziell stärker als auf das Männerherz. Bei Männern spielt die körperliche Belastung als Auslöser für einen Herzinfarkt eine größere Rolle. Frauen nehmen sich vieles zu Herzen, das liegt in ihrer Natur. Das kann dazu führen, dass emotionaler Stress wie beispielsweise Liebeskummer, Mobbing oder der Verlust einer nahestehenden Person bei Frauen das Herzinfarktrisiko um 300 Prozent erhöhen kann. Die Herzzellen reagieren wahrscheinlich anatomisch-physiologisch sensibler auf Stress.


Wie können Frauen ihr Herz schützen?

Es ist wichtig, Zusammenhänge zu kennen, also zu wissen, wie das Herz funktioniert und welche Situationen es belasten. Sport und Bewegung sind neben gesunder Ernährung ebenso wichtig wie emotionale Balance und nicht zu viel Stress. Nikotin ist sehr schädlich. Man sollte als Frau unbedingt hinfühlen und auf das Herz hören: Fühlt sich die Herzregion „komisch“ an, treten Herzrhythmusstörungen neu und stark auf, gehen „Magenschmerzen“ nicht weg? Frauen sind Schmerzen gewohnter als Männer, durch die monatliche Regel, durch Schwangerschaften und Geburten. Gerade in Bezug auf das Herz sollte man hier nicht zu stark sein, sondern Beschwerden ernst nehmen und abklären lassen.


Was sollten Frauen in den Wechseljahren im Hinblick auf die Herzgesundheit beachten?

Das weibliche Geschlechtshormon Östrogen bietet über viele Jahre einen natürlichen Herz- und Gefäßschutz. Man spricht hier auch vom „Gefäßputzer“. Doch dann kommt die Menopause – und mit ihr die Gefahr: Laut Statistik steigt nach den Wechseljahren das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen stark an. Frauen können aber vorsorgen und sich schon ab Mitte 40 um ihren Blutdruck und ihr Herz kümmern. Durch mediterrane, herzschützende Ernährung mit
wenig Fleisch und viel pflanzlichen Ölen, Nikotinverzicht, regelmäßige Bewegung und Stressreduktion.

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