Auf Entzug! – Zuckerfrei leben

Zucker

Zucker steckt in vielen Produkten. Dass er im Übermaß ungesund ist, wissen wir mittlerweile. Wie wäre es also mal mit einem Entzug, vielleicht zunächst nur auf Zeit? Unsere Redakteurin vermeidet Zucker schon länger und hat es damit nicht immer leicht.

Seit acht Jahren ernähre ich mich nun zuckerfrei. Naja, fast. Ausnahmen genehmige ich mir schon einmal: wenn eine Kollegin selbst gebackenen Kuchen mitbringt oder im Urlaub. Wer will schon in Frankreich oder Italien auf knusprig-süßes Gebäck zum Café au Lait oder Espresso verzichten? Lebensgefühl pur!

Der Auslöser, mich eingehender mit meiner Ernährung zu beschäftigen und dem Zucker zumindest größtenteils zu entsagen, war ein guter Freund. Er machte eine Ausbildung zum Ernährungsberater und erzählte mir damals viel über Lebensmittel, deren Inhaltsstoffe und auch über die Wirkung von Zucker auf den menschlichen Organismus.

Wie wirkt zuviel Zucker?

Auch ich habe mich damals gefragt: Was ist denn eigentlich so schlimm am Zucker? Kann etwas so Süßes und Leckeres wirklich schlecht für mich sein? Denn leicht ist es nicht, sich von der Verführung in Form von Schokoriegeln und anderen Leckereien zu verabschieden. Aber die Argumente meines Freundes überzeugten mich und mittlerweile lese ich auch immer öfter in diversen Fachzeitschriften von den Auswirkungen zu hohen Zuckerkonsums.

Klar ist: Wir brauchen Zucker als Energielieferanten; dem Körper genügt hier allerdings, was er aus Getreide, kohlenhydrathaltigem Gemüse oder Früchten aufnimmt. Bei der Verdauung entsteht aus den Kohlenhydraten Glukose (Traubenzucker), die durch den Dünndarm ins Blut gelangt. Damit die Zellen der Organe die Zuckermoleküle aufnehmen können, muss die Bauchspeicheldrüse genügend Insulin produzieren. Dauerhaft zu hohe Blutzuckerwerte, die das Insulin nicht mehr ausgleichen kann, können zu Herzinfarkt, Schlaganfall, Nieren- oder Augenproblemen sowie Taubheitsgefühlen in den Beinen führen. Industrie- oder Kristallzucker brauchen wir also tatsächlich nicht.

Aber auch ein Zuviel an Fruktose, dem Zucker aus Früchten, kann problematisch sein und zum Beispiel zu einer Fettleber führen. Hier kommt es auf die Menge an: Saft sollte man also lieber mit Wasser verdünnen, da die Fruktosekonzentration hier sehr hoch ist. Denn für ein Glas Orangen oder Apfelsaft braucht man ja viel mehr Früchte, als man auf einmal essen würde. Dasselbe gilt für Sirupe und Dicksäfte.

Das Fiese am Zucker: Er hat Langzeitfolgen. Meine kleinen Ausnahmen erinnern mich immer wieder daran, denn sobald ich mal wieder davon nasche, merke ich, dass ich mehr will. Und das hat Gründe, denn unser Körper ist evolutionär auf Zucker als schnellen Energielieferanten gepolt. Und irgendwie macht süß ja auch einfach glücklich … Je mehr Zucker wir konsumieren, desto mehr will unser Körper davon haben. Wenn wir allerdings zu oft und zu viel davon essen, kann er zu Übergewicht, hohem Blutdruck, Herz- und Stoffwechselerkrankungen und Diabetes führen. Auch für Demenz wird er verantwortlich gemacht.

Der bittersüße Alltag

Einfach ist es allerdings nicht, im Alltag auf Zucker zu verzichten – vor allem die Lebensmittelindustrie macht es uns schwer. Zucker ist fast überall drin: in Süßigkeiten, klar, aber auch in Ketchup, Tiefkühlpizza, Brot, Fertigsuppen und überhaupt fast allen stark verarbeiteten Nahrungsmitteln. Ich lese daher die Liste mit den Inhaltsstoffen ganz genau und koche so oft wie möglich frisch. Dafür braucht es zwar ein bisschen Kreativität und Übung, aber mittlerweile geht das Einkaufen bei mir ganz schnell – ich weiß ganz genau, wo kein Zucker drin ist.

Schon gewusst?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt maximal 50 Gramm (circa 10 Teelöffel) Zucker pro Tag für einen durchschnittlichen Erwachsenen.

Die zwei größten Herausforderungen, die mich nach acht Jahren noch begleiten: zum einen mein Partner, der morgens genüsslich Marmelade und Nutella verputzt und abends gern mal Schokoriegel oder Kekse. Denn da schiele ich schon manchmal mit einem weinenden Auge hinüber. Oder die Kollegen, die sich mit Gummibärchen und Schokolade über den stressigen Bürotag retten. Die andere Herausforderung stellt sich mir, wenn ich unterwegs bin: Ich muss genau planen, um genug Vollwertiges dabeizuhaben, damit ich mir nicht etwas „auf die Hand“ kaufen muss. Denn das, was man am leichtesten bekommt, ist meist am ungesündesten. Ich möchte auch nicht immer danebenstehen, wenn andere Süßes genießen, oder meinen Freunden gar den Zuckergenuss vermiesen. Andererseits fällt es mir viel leichter, komplett auf Zucker zu verzichten, als immer mal wieder schwach zu werden. Dann bin ich „angefixt“. Zucker macht einfach süchtig! Und um ihm zu widerstehen, ist ein zuckerfreies Umfeld natürlich die beste Hilfe.

Zuckerfreies Glück?

Ein Leben ohne Industriezucker muss kein ungesüßtes sein! Mein Freund zeigte mir damals, dass lecker und gesund sich nicht gegenseitig ausschließen müssen. Zu Hause gibt es bei mir daher an Süßem Obst, gelegentlich ein Naturjoghurt oder selbst gebackenen Kuchen, gesüßt mit Honig, Datteln oder Ahornsirup. Mir persönlich geht es besser damit: Vorbei sind seitdem die chronischen Verdauungsprobleme und die schnelle Unterzuckerung. In den ersten Monaten nahm ich einige Kilos ab, mittlerweile hat sich der Körper daran gewöhnt. Auch mein Geschmack hat sich verändert, vieles schmeckt sogar intensiver und ich habe ein viel besseres Körpergefühl. Dennoch muss ich zugeben: Nachdem ich die ersten Entzugserscheinungen überwunden hatte und nicht mehr seufzend an jedem Kaffeestückchen vorbeiging, war ich noch konsequenter als heute. Ich habe voller Überzeugung den Nachtisch verschmäht oder den Kellner mit meiner Frage nach Zucker im Salatdressing überrascht. Die meisten Menschen, auch Freunde, können mich nicht verstehen und scheuen sich vor Zuckeralternativen. Jetzt ist mir der Widerstand oft zu anstrengend und ich ertappe mich immer öfter bei Ausnahmen. Naja, sage ich mir dann tröstend, immerhin mache ich mehr Sport als früher. Bewegung senkt ja bekanntlich den Blutzuckerspiegel und verbraucht Kalorien. Ich habe mir aber vorgenommen, wieder mehr zu meiner Überzeugung zu stehen und öfter nein zu sagen. Der Zuckerindustrie will ich mich nicht beugen. Und Durchhalten lohnt sich – es ist schließlich meine Gesundheit, um die es geht! mgk //

Kleine Survival-Tipps

  • Nicecream: selbst gemachtes Eis aus pürierten gefrorenen Bananen, verfeinert z. B. mit ungesüßtem Kakaopulver, Beeren, Kokosmilch, …
  • Joghurt mit: Kakaopulver, Honig oder Ahornsirup, frisch gemahlenen Mandeln, …
    Brot mit: Erdnussmus und Honig, natursüßer Erdmandelcreme, …
  • Für unterwegs: Haferriegel (mit Honig gesüßt), Rohkostriegel (meist mit Datteln gesüßt), Rohkostschokolade (z. B. mit Kokosblütenzucker gesüßt), Nüsse und Trockenfrüchte – und das alles in Maßen!
  • Buch-Tipp: „Natürlich gut essen“ von Melissa und Jasmine Hemsley, Verlag Edel Books 2015, 24,95 Euro.
  • Blog-Tipp: www.greenkitchenstories.com

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