Malen, um sich zu befreien

Ist wegen des besseren Lichtes nach Los Angeles gezogen: Die Malerin Malaura Chouinard

Ist wegen des besseren Lichtes nach Los Angeles gezogen: Die Malerin Malaura Chouinard

Dem Alltag entfliehen, sich mehr Zeit für sich selbst nehmen, den eigenen Gefühlen folgen und Freude am spontanen Ausdruck erleben. Ein Traum, meinen Sie? Ein Muss vor allem im Winter, meinen wir. Malen kann gerade in dieser licht- und farblosen Zeit zu mehr Wohlbefinden beitragen. Wie wäre es, wenn Sie einfach mal selbst zu Pinsel und Farbe greifen?

Als der 18-jährige Maler Yves Klein in den 1940er-Jahren am Strand von Nizza lag und in den Himmel starrte, sah er nichts als Blau. Ein mediterranes Ultramarinblau, das er fortan zu seiner Farbe erklärte – und für den Rest seines Lebens immer wieder malte. Der Maler Vincent van Gogh hingegen liebte das ganze Spektrum der Farben und fühlte sich im grellen Süden mit seinen kräftigen Tönen „wie befreit“. Dabei existieren Farben an sich überhaupt nicht, sie sind das Ergebnis von unterschiedlicher Reflexion und Absorption von Lichtstrahlen auf Oberflächen, das Resultat physikalischer Schwingungen im Nano-Bereich, die unsere Netzhaut treffen.

Beim Malen kommt es darauf an, sich selbst zu verwirklichen

Beim Malen kommt es darauf an, sich selbst zu verwirklichen

Gleichwohl sind Farben für die sensible und komplexe menschliche Psyche von enormer Bedeutung, denn Farben stimulieren uns, versetzen uns in unterschiedliche Seelenzustände.
Gerade im Winter, in einer Phase mit weniger Licht und damit einhergehend auch einem Verlust an kräftigen Farben, fehlt uns häufig dieser belebende Stimulus. Sich genau in dieser Zeit bewusst mit Farben auseinanderzusetzen, kann zu mehr innerem Gleichgewicht führen. „Malen gibt mir einfach das Gefühl von Freude“, sagt die Hobby-Malerin Malaura Chouinard, die wegen des Lichts und der Farben vom Norden der USA ins sonnige L. A. gezogen ist.

Malen – ein kreativer Weg zu sich selbst

Nicht jeder kann und möchte des Lichts wegen in den Süden ziehen, der außerdem auch nicht immer ein Garant für Sonnenschein ist, lässt man die „kalifornische Riviera“ bei Los Angeles einmal außen vor. Ob nun allein oder in der Gruppe, malen kann man auch hierzulande zu Hause oder in Seminaren. Sich in einer entspannten Atmosphäre kreativ auszudrücken, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und sich gegenseitig zu inspirieren, ist in der Regel eine sehr befriedigende Erfahrung. Durch die Wahl der Farben und des Gestaltungsstils drücken wir unsere Wahrnehmung und Gefühle aus, und die Freude am Umgang mit Farben und an den entstandenen Bildern kann eine besondere Zufriedenheit mit dem Werk und sich selbst auslösen. Dabei gilt: Malen kann jeder! Es sollte nicht primäres Ziel sein, ein meisterliches Kunstwerk zu schaffen, vielmehr setzt der sinnliche Umgang mit Farben positive und kreative Energien frei, welche wiederum unserem gesamten Wohlbefinden zuträglich sind. Aus den ersten Malschritten kann so schnell ein Befriedigung stiftendes Hobby werden, aus dem wir Kraft für den Alltag ziehen können.

„Point Zero Painting“ Beim Malen sollte es um die pure Lust gehen! Es sollte kein richtig oder falsch geben, der Prozess sollte intuitiv verlaufen, aus dem Unbekannten heraus. Diese Haltung zum Malen brachte die Künstlerin Michele Cassou mit ihrer Idee des „Point Zero Painting“ im wahrsten Sinne des Wortes auf den Punkt. Diese Idee von gelebter Kreativität formulierte sie in ihrem Buch „Point Zero – Creativity without Limits“: sich erheben über Zweifel, Langeweile, Kontrolle, Vergleich, hin zu jenem wilden, unbekannten Ort, wo es keine Regeln und keine Begrenzungen gibt. Der Ort, an dem wir uns befreit fühlen.

Diesen Ansatz verfolgt letztlich auch die Mal- und Gestaltungstherapie. Durch den kreativen Prozess können wir einen neuen Zugang zu uns selbst finden. Beim Gestaltenden können sich auf diese Weise seelische Blockaden lösen, er gewinnt neue Einsichten, die auch den Heilungsprozess nach körperlichen Krankheiten unterstützen können. Kein Wunder, dass gerade in Krankenhäusern und Psychiatrien Malen ein so wichtiges Element im Gesundungsprozess ist: eine weite Landschaft, Wege, die sich am Horizont verlieren – das sind häufig gemalte Motive in Kunsttherapie-Sitzungen. „Das Erleben von Weitblick, Tiefe und schöner Aussicht beim Malen sowie die Tatsache, dass man diese selbst geschaffen hat, kann in einer Krisensituation, in der jegliche Perspektive fehlt, hilfreich sein“, sagt die Kunsttherapeutin Dr. Florica Marian von der Universität Bern.

Aber auch fernab einer medizinisch motivierten Notwendigkeit, durch Malen etwas zu äußern, das sich mit Worten vielleicht nur schwer ausdrücken lässt, macht es einfach Spaß. Yves Klein hat sein ganzes Leben lang immer wieder sehr viel Kraft aus dem Malen des immer gleichen Blaus gezogen: Der Anblick der Farbe Blau auf einem Keilrahmen hat vermutlich irgendetwas in seinem Inneren positiv stimuliert. Wie sieht es bei Ihnen aus, welche Farbe auf der Leinwand würde Sie glücklich machen? (mf)

Haben Sie bereits Erfahrung mit Malen gemacht? Oder malen Sie bereits seit längerem selbst? Teilen Sie uns Ihre Meinung zu dem Thema doch als Kommentar unter diesem Beitrag mit!

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