Die Wald-Retter – Freiwillige beim Bergwaldprojekt

Die Wald Retter

Ein schützenswerter Schatz der Natur: der Nationalpark Eifel.

Sie schwingen Sensen, um Waldlichtungen zu mähen, bauen Zäune, um artenreiche Wiesen vor der Zerstörung durch Wildtiere zu schützen, und verbrennen kranke Wacholdersträuche: die Freiwilligen beim Bergwaldprojekt. Unsere Redakteurin hat mitgemacht und sich eine Woche harter Arbeit in freier Natur gegönnt.

Seufzend sinke ich in meinen Sitz, ich kann mich kaum noch bewegen vor Muskelkater und spüre jede Faser meines Körpers. Hätte ich das vorher gewusst, wer weiß, ob ich meine Reise in den Wald angetreten hätte. Aber ich bin froh, dass mein Unwissen mich davor bewahrt hat und ich dank des Bergwaldprojektes nun um eine Erfahrung reicher bin.

Begonnen hat alles vor einer Woche. Als ich nach dreistündiger Zugfahrt in einem kleinen Eifeler Dorf aussteige, ist keine Menschenseele zu sehen, ein Hund bellt in der Ferne. Hier, in Blankenheim im Kreis Euskirchen, habe ich vor, mich eine Woche lang mit meiner Arbeitskraft ehrenamtlich für die Umwelt zu engagieren, beim Bergwaldprojekt e. V. Der Verein bringt Menschen zusammen, die unter fachkundiger Anleitung unentgeltliche Arbeit in Naturschutzgebieten leisten. Das Projekt unterstützt damit deutschlandweit die Pflege, den Erhalt und die Aufwertung zahlreicher Schutzgebiete.

Nach und nach trudeln weitere Ankömmlinge am verabredeten Treffpunkt ein. Ich erkenne sie gleich als meine Mitstreiter: Feste Schuhe, robuste Kleidung und an Rucksäcken baumelnde Gummistiefel verraten sie. Mich schmückt das gleiche Outfit. Unsere Unterkunft für die nächste Woche ist der „Alte Bahnhof Mülheim“ – ein zur Jugendherberge umfunktionierter Bahnhof. In Sechsbettzimmern, getrennt nach Geschlechtern, werden wir die kommenden Nächte verbringen. Heute lassen wir es allerdings ruhig angehen, die 25-köpfige Gruppe soll sich erst mal kennenlernen. Am besten geht das beim Essen. Gekocht wird beim Bergwaldprojekt grundsätzlich vegetarisch. Verpflegung und Unterkunft sind übrigens kostenlos, meine einzige Investition war das Zugticket. Ich sitze zwischen Angela und Gaston und bin beeindruckt, als ich erfahre, dass Angela bereits 80 Jahre alt und dies schon ihr vierter Bergwaldeinsatz ist. Gaston ist um die 50 und ich bin somit das
Küken unter uns dreien. Insgesamt ist die Truppe bunt gemischt, vom 20- bis 80-Jährigen, vom Lehrer über den Studenten bis hin zum Grafikdesigner oder Rentner ist alles dabei.

Die erste Nacht schlafe ich unruhig an die Jugendherbergsatmosphäre aus Schulzeiten muss ich mich erst wieder gewöhnen. Eine durchgelegene Matratze und zwei Schnarcher sind meine erste Herausforderung. Der Weckruf ertönt am nächsten Morgen um sechs Uhr. Nach einer Katzenwäsche im Gemeinschaftsbad und einem ausgiebigen Frühstück fahren wir in den Wald. Trotz der Herrgottsfrühe genieße ich den Blick in die Eifellandschaft: In den Tälern umhüllt der Nebel die herbstlich gefärbten Bäume und Sträucher.
Über taubenetzte Hänge gelangen wir zu unserem ersten Einsatzort: Ein Hügel mit Kalkmagerrasen soll von einigen Wacholdersträuchern befreit werden. Axel Jakob, Diplom-Ingenieur Landschaftspflege und unser Projektleiter, erklärt uns, warum: „Einige Wacholder sind von einer Pilzerkrankung befallen. Damit die nicht auf die gesunden Sträucher übergreift, müssen wir die kranken entfernen.“ Darum verbrennen wir die gefällten Hölzer parallel auch gleich auf großen Feuern. Ein weiterer Aspekt: Die schnell wachsenden Wacholder dürfen das Gras nicht erdrücken, denn die Wiesen sollen weiter von regionalen Ziegenbauern als Weidefläche für ihre Tiere genutzt werden.

Wird wohl nicht so schwer sein, denke ich mir. Ausgestattet mit Astschere und kleiner Säge ziehe ich zusammen mit den anderen los. Wir wechseln uns beim Schneiden und Wegbringen der Äste und Stämme ab. Schwer ist es auch nicht, stellen wir alle nach kurzer Zeit fest, aber anstrengend. Wir müssen viel laufen, denn ein Feuer brennt oberhalb, eines unterhalb des Hanges. Ich ahne schon etwas von dem Muskelkater, den ich in den kommenden Tagen entwickeln werde. Aber die Arbeit macht Spaß, ist etwas völlig anderes als das, was ich sonst tue. Ich bin auf einmal völlig frei im Kopf, denke nur an meinen nächsten Arbeitsschritt und fühle mich am Ende des Tages nicht nur körperlich völlig ausgepowert, sondern tatsächlich auch geistig erholt.
Unsere Aufgabe am nächsten Morgen: eine Waldlichtung von zu viel Gras befreien, damit die dort vorkommenden seltenen Pflanzenarten genug Licht zum Wachsen haben. Axel überreicht uns dafür – ganz traditionell – Handsensen. „Morgen werden wir dann einen Schutzzaun um den kleinen Tümpel inmitten der Wiese bauen, sonst könnten Wildschweine beim Baden den Lebensraum der Pflanzen zerstören“, kündigt er unseren nächsten Einsatz an. Die Wildschweine dürfen übrigens im viel größeren Matschtümpel auf der benachbarten Lichtung baden.

Am Ende der Woche habe ich einiges gelernt, über Umweltschutz, die Eifeler Landschaft, naturverbundenes Arbeiten und auch über mich selbst. Die Woche mit der bunt gemischten Truppe war auf jeden Fall ein „Urlaub“ der anderen Art. Ganz unterschiedliche Charaktere haben am Ende ein gemeinsames Ziel erreicht – und dabei den Alltag hinter sich gelassen. Vielleicht doch gar nicht so schlecht, der Muskelkater, denke ich … Immerhin kann ich so meinem persönlichen Abenteuer noch ein bisschen nachspüren. (rs)

Die Wald-Retter

Mit großen Feuern werden kranke Wacholdersträuche direkt verbrannt.

Ab in den Wald

Das Bergwaldprojekt bringt mit rund 85 Einsatzwochen an 43 verschiedenen Standorten allein in Deutschland jedes Jahr über 1 600 Menschen in den Wald. Ziel während dieser Wochen ist es, die Situation des Waldes an den konkreten Projektstandorten zu verbessern, die Zusammenhänge in der Natur hautnah erlebbar zu machen und die Abhängigkeit von den natürlichen Lebensgrundlagen aufzuzeigen. Die praktische Arbeit wird in Gruppen unter professioneller Leitung durchgeführt. Infos zum Programm und Anmeldung unter www.bergwaldprojekt.de

 

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