6 Buchtipps für den Sommer 2020

Buchtipps

Diese Bücher haben unsere Redaktion berührt, bewegt und verändert. Wir haben eine bunte Mischung aus Ratgebern, Autobiografien und Romanen für Sie. Vielleicht ist ja auch etwas für Ihre Sommerurlaubs-Lektüre dabei? 

Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn (Danielle Graf und Katja Seide)

Ahhh, es ist zum Verzweifeln! Meine dreijährige Tochter wirft sich laut schreiend und wild um sich tretend auf den Boden und lässt sich kaum beruhigen. Und das nur, weil ich ihr Brot in mehr Stücke als sonst geschnitten habe. „Ganz normal“, versichert mir der Kinderarzt. Doch diese Phase einfach nur durchstehen will ich nicht. Hier kommt „Das gewünschteste Wunschkind“ ins Spiel. Von einer Kollegin empfohlen, lese ich den Ratgeber über die Trotzphase in einem Rutsch durch und fühle mich nahezu erleuchtet. Situationen wie oben beschrieben werden physikalisch erklärt, ich habe ein Aha-Erlebnis nach dem anderen. Dazu gibt es praktische Tipps und Erfahrungsberichte anderer Eltern. Ich bin beschämt, weil ich meine Tochter oder ihr Handeln so oft falsch oder nicht verstanden habe – aber auch glücklich, dass ich es dank dieses Buches nun besser machen kann. jk //

Becoming (Michelle Obama)

Michelle Obama ist eine herausragende Person, das zeigt auch ihre Autobiografie. Man kann das Buch kaum aus der Hand legen. Ihre Geschichte beginnt mit einer Kindheit in Chicagos South Side in bescheidenen, aber liebevollen Verhältnissen, beschreibt ihre Zeit an der Princeton University, behandelt offen die Schwierigkeiten, schwanger zu werden und später Kinder und Beruf unter einen Hut zu kriegen. Es endet mit den Jahren als First Lady im Weißen Haus und ihrem Engagement für die Bildung von Mädchen auf der ganzen Welt. Mal humorvoll, mal kritisch schreibt sie auch über ihren Mann Barack. Was mich besonders beeindruckt hat an diesem ehrlichen und weisen Memoire: ihre Zielstrebigkeit, ihre Vision und dass sie immer sie selbst bleibt und ihre Stimme erhebt, egal, welche Folgen das hat. mgk //

Tiere essen (Jonathan Safran Foer)

„Tiere essen“ ist ein leidenschaftliches und emotionales Buch zur Frage, was wir essen und warum – und Leidenschaft und Emotion sind meiner Meinung nach genau das, was dieses Thema braucht. Aufrüttelnde, auf wissenschaftlichen Fakten basierende Literatur über Fleischkonsum und die negativen Folgen für Mensch, Tier und Umwelt gibt es reichlich. Der Bestsellerautor schafft hingegen eine brillante Verknüpfung zwischen Wissenschaft, Literatur, Philosophie und eigenen Undercover-Recherchen und macht deutlich, wie wichtig es ist, bewusst zu entscheiden, was auf den Teller kommt. Dabei zeigt sich Foer jederzeit äußerst verständnisvoll und keinesfalls anklagend, denn Würstchen liebt auch er, nur isst
er sie nicht. Sein Verständnis für die menschlichen Schwächen und seine Liebe zu Würstchen bremsen ihn dennoch nicht in seinem hitzigen Plädoyer für unsere Möglichkeiten des ethischen Handelns und sollten auch uns nicht daran hindern, unser Verhalten zu überdenken. as //

Garp und wie er die Welt sah (John Irving)

Garps Geschichte ist unwahrscheinlich. Das liegt vor allem daran, dass er eigentlich gar nicht existieren dürfte. Schon seine Zeugung, deren Umstände nicht abstruser sein könnten, beschert ihm weder einen Vater noch einen richtigen Vornamen. Von da an begleiten wir Garp auf seinem Lebensweg über viele Jahrzehnte und Kontinente, wobei sich in regelmäßigen Abständen immer wieder höchst seltsame Begebenheiten ereignen. Das Faszinierende an der Geschichte sind jedoch gerade nicht die vielen Absonderlichkeiten, sondern ganz im Gegenteil die Normalität, mit denen den scheinbar unerhörten, teils geschmacklosen Ereignissen begegnet wird. Für mich wirkt dabei nichts befreiender als Garps Leitgedanke: „Ich wurde geboren mit einem sonnigen Gemüt und der Gewissheit, dass die Welt verrückt ist.“ Und damit wird es erneut unwahrscheinlich – unwahrscheinlich beglückend. Denn was ist schon normal? ps //

Home is where you park it (Foster Huntington)

„Die beste Zeit verbrachte ich hinter dem Steuer eines Wohnmobils“, schreibt der Autor Foster Huntington, der 2011 seinen Job in New York schmiss und mit seinem VW-Bus durch Amerika reiste. Dabei lernte er einen bunten Haufen an Aussteigern kennen, die in Interviews darüber berichten, wie sie ihren fahrbaren Untersatz zu ihrem rollenden Zuhause umgebaut haben. Und was sie dazu angetrieben hat, gut bezahlte Jobs, voll eingerichtete Wohnungen und heiß geliebte Menschen zurückzulassen, um auf Reisen zu gehen. Für mich war das Buch wie eine Initialzündung. Ich hatte mir gerade einen alten Feuerwehrbus gekauft, den ich zum Camper ausbauen wollte, und konnte es kaum abwarten. Die beeindruckenden Landschaftsaufnahmen und Innenansichten der Camper haben meine Ungeduld noch größer gemacht, aber Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude: Ich wollte endlich einsteigen und dadurch aussteigen. rf //

Die Mitte der Welt (Andreas Steinhöfel)

Der Roman hat mich tief berührt – mit seinen besonderen Charakteren und seiner märchenhaften, fast magischen Stimmung, die der Autor durch eine poetische Sprache erschafft. Der 17-jährige Phil lebt mit seiner alleinerziehenden Mutter, die ständig neue Männer mit nach Hause schleppt, und seiner verschlossenen Zwillingsschwester Dianne in einem kleinen Dorf. Ihren Vater kennen die beiden Geschwister nicht. Für die anderen Dorfbewohner sind sie merkwürdige Außenseiter. Phil ist auf der Suche: nach seinem Vater, nach dem Geheimnis seiner Familiengeschichte und nach sich selbst. Dass er sich in Nicholas, seinen Klassenkameraden verliebt, macht es nicht leichter. Die Themen, die der Roman bearbeitet, sind solche, wie wir sie alle kennen: erste Liebe, die Abnabelung von der Mutter, Probleme innerhalb der Familie und die schwierige Kommunikation untereinander. Dadurch und weil man die sympathischen, leicht schrulligen Protagonisten einfach lieben muss, entsteht eine große Nähe, die einen bis zum Ende des Buches nicht mehr loslässt. Klare Leseempfehlung! rs //

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